Interview mit Torben Wendt und Felix Marc: DIORAMA

Vor dem Konzert im Kulttempel Oberhausen luden mich Torben und Felix von Diorama zu einem kleinen Interview ein. Es empfingen mich zwei sehr sympatische und entspannte Musiker, die sich gerne meinen Fragen stellten.


Gothic Empire: Euer letztes Album „Tiny missing Fragments“ ist seit gut 18 Monaten auf dem Markt. Allerdings der Situation durch Corona geschuldet, konntet Ihr die Songs bisher noch nicht so oft live performen. Fühlt es sich noch frisch an, oder ist der Blick schon nach vorne gerichtet, sind schon neue Projekte geplant?

Torben:  Ich würde sagen, der Live-Kontext fühlt sich noch sehr frisch an. Ich glaube heute Abend ist ja erst das vierte oder fünfte Mal, dass wir mit den Songs auf der Bühne stehen können. Da ist schon noch diese Energie zu spüren, die in den ersten Möglichkeiten liegt, die Songs live zu zeigen. Andererseits ist es schon so, dass eine gewisse Distanz da ist und wir schon an neuen Songs arbeiten, also eine Mischung aus beidem.


Gothic Empire: In Reutlingen – eurem Heimspiel – war die Stimmung ja wahnsinnig gut, ausgelassen. Habt ihr ähnliche Erwartungen an heute, oder geht man völlig ohne in ein neues Konzert?

Torben: Tatsächlich ist die Erwartungshaltung gar nicht so ausgeprägt. Vielleicht hat das damit zu tun, dass die letzten zwei Jahre einfach zu wenig Konzerte waren und wir in erster Linie sehr dankbar sind für alles was kommt. Wir wollen auch gar nicht wissen, was kommt, damit wir dann von dem Ergebnis übermannt werden *lach*. Und so haben wir es auch in Reutlingen gehalten, wir haben gesagt, wir machen einfach und schauen was passiert. Wir geben unser Bestes und das werden wir heute auch wieder versuchen. Nach der Pandemie muss man sich irgendwie wieder zurechtruckeln. Aber wir sind nach wie vor dankbar für jede Gelegenheit die sich uns bietet, wieder auf der Bühne stehen zu dürfen.

Felix: Normalerweise schwimmt man nach einem Albumrelease auf einer Euphoriewelle, man spielt die neuen Songs, nimmt die Fans mit auf eine Reise. Für mich fühlt sich das anders an, das neue Album ist jetzt schon so lange her, man erwartet nichts, außer das man Lust hat, die Songs zu spielen. Die Leute die heute auf ein Konzert kommen, wissen, auf was sie sich da einlassen, deshalb wird es ein schöner Abend.

Torben: Direkt nach dem Release hätte wir die Setliste bestimmt ein wenig anders gestaltet, unmittelbar danach hätten wir noch mehr neue Songs gespielt. Jetzt ist es schon so, dass wir glauben, dass die Fans, die zu den Konzerten kommen nicht nur wegen den neuen Liedern kommen, sondern dass sie schon ein DIORAMA-Konzert erleben wollen, und das wollen wir auch bieten.


Gothic Empire: Sind denn noch weitere Konzerte in Planung, vielleicht sogar Festivals mit Diorama? Felix, Du bist ja schon mit Frozen Plasma auf Events zu sehen.

Torben: Ja, es sind ein paar Festivals geplant und auch Einzelshows, wir stehen kurz davor, neue Termine zu veröffentlichen, aber noch darf ich nicht. Wir wollen viel tun, aber es ist nach wie vor schwierig, Konzerte veranstalten zu können. Viele Clubs sind schon ausgebucht, durch Konzerte die in den letzten zwei Jahren verschoben wurden und neu angesetzt werden müssen. Und Veranstalter sind zur Zeit noch zögerlich, den ein oder anderen gibt es auch gar nicht mehr. Es muss alles wieder richtig anlaufen, und wir versuchen, uns in diese Welle reinzumogeln.

Felix: Sagen wir mal so, bei den namenhaften großen Festivals haben wir schon ein Auge drauf, dass wir da unterkommen.


Gothic Empire: Gibt es einen Trick, dass ihr neben euren ganzen anderen Projekten einen klaren Kopf zu behalten, alles zu koordinieren, gibt es eine lustige Anekdote, die ihr erzählen könnt?

Felix: *lach*, falsche Band auf der Bühne

Torben: Oh, Anekdoten könnten wir genug erzählen, das wäre abendfüllend. Zwischen den Bands kommt man eigentlich nicht durcheinander, Ich guck immer rechts und links, wer steht da eigentlich.

Gothic Empire: Lange Haare oder kurze Haare ?

Torben: Genau, es ist nicht Adrian Hates, dann ist es vermutlich Diorama, aber so stark ist die Verwirrtheit noch nicht. Aber es ist schon so, dass man sich die Zeiten erkämpfen muss, die man für das jeweilige Projekt einteilen muss um da auch weiter zu kommen. Ich stehe mit Coma Alliance mit Adrian von Dairy of Dreams in den Startlöchern, wir möchten gerne ein Nachfolge-Album machen für das Debut-Album, welches erfreulicher Weise sehr gut ankam. Aber wir schaffen es nicht, weil immer etwas anderes dazwischen kommt, nicht nur die Pandemie, auch die Hauptprojekte.

Felix: Wir organisieren uns da schon einen Wolf kann man sagen, Vorbereitung, Abstimmung von Live-Terminen. Da es ja in den letzten zwei Jahren so eine „Verschieberitis“ war ist das alles gar nicht so ohne….Aber toi toi toi, in den letzten Jahren gab es da kaum Terminkollision, nur ein oder zwei Mal. Und ein Verwechseln der Projekte ist vielleicht als Berufsmusiker komplizierter, die täglich für andere Bands gebucht werden.


Gothic Empire: Auch heute ist euer Support ZOODRAKE. „Solitude“, ein Song aus der Feder von Hilton Theissen wurde von euch „geremixed“. Wie kam es zu der Zusammenarbeit, wer hat wen gefragt?

Torben: Zunächst zur Zusammenarbeit auf derTour kam es aufgrund einer gegenseitigen Zuneigung. Tatsächlich hatte ich unseren Tourmanager beauftragt, auf Hilton zuzugehen, um einen gemeinsamen Konzertabend zu bestreiten, weil ich sein Projekt ZOODRAKE auch sehr gerne mag. Es gehört für mich zu den Highlights der letzten zwei Jahre. Aber Hilton ist mir zuvor gekommen. Dadurch das der Kontakt dann da war, ist die Idee entstanden, musikalisch auch etwas zusammen zu machen. Dann lag es nahe, dass man Stücke voneinander remixed. Eine weitere Zusammenarbeit ist zur Zeit nicht geplant, aber ich kann es mir noch gut vorstellen, das ein oder andere Ding zusammen zu drehen.

Felix: Die Szene ist ein Dorf, positiv gesehen.


Gotic Empire: Eure Band besteht nun schon seit 1996. Bald steht ein Jubiläum ins Haus. Habt ihr da etwas Besonderes geplant? Ein Special, unveröffentliches Material aus dem Keller holen?

Torben: Eigentlich haben wir unsere Jubiläen nie wirklich gefeiert. Nie besonders herausgestellt, so auch nicht das kommende. Was für eins ist das dann? 25 Jahre oder 30? Meistens verschlafe ich auch so ein Datum, ich nehme das und mich selbst auch nicht so wichtig. Für mich ist es genauso geil, seit 29 Jahren eine coole Band zu haben, wie seit 30 oder 31 Jahren. Aber vielleicht fehlt uns da auch der richtige Anstoß. Wenn einer den Dominostein mal ins Rollen bringt, kann ich mir vorstellen, da auch was zu machen, aber geplant ist bisher nichts.

Felix: Weniger für uns, aber für die Fans was zu machen, so ein 5 Stunden Konzert. Aus jedem Album 3 Songs.

Torben: Es ist schon irgendwie skurril zum alten Eisen dazuzugehören.

Felix: Oh, da sagst du was. Da komm´ ich auch nicht klar mit.


Gothic Empire: Wie groß war Eure Freude, dass der Auftritt im Zirkus in Gelsenkirchen dann doch noch stattfinden konnte, mehrfach verschoben und einmal abgesagt?

Torben: Die war riesengroß. Man muss bedenken, Gelsenkirchen war nicht die einzige Veranstaltung, die mehrfach abgesagt und verschoben wurde. Wir haben an ganz vielen Terminen gearbeitet, die wir erst gar nicht veröffentlicht haben, weil wir das erst bekanntmachen wollten, wenn es sicher ist, dass wir spielen. Über Monate hinweg haben wir nichts anderes gemacht als gehofft und gebangt, das Termine klappen, wir hatten eine Tour vor 2020. Wir wollten keine falschen Hoffnungen wecken. Und wenn man sich das alles vor Augen führt, kann man verstehen, wie extrem dankbar wir waren, das mal wieder etwas geklappt hat. Und dann ein Engagement wie von Peter Jurjahn und Jan Winterfeld, die die Konzerte im Zelt organisiert haben, denn es gab nicht viele Möglichkeiten, etwas zu machen. Und da ist man dankbar und geniesst alles.


Gothic Empire: Heute Abend gibt es auch noch Tickets an der Abendkasse. Man sollte glauben, der Run auf die Tickets sei größer, jetzt wo Bestimmungen fallen und Konzerte wieder möglich sind.

Felix: Vielleicht spielt eine Rolle, dass viele noch fünf Tickets am Kühlschrank hängen haben,  Wir müssen uns in vielen Dingen wieder finden als Kulturszene und Gesellschaft gesamt im Leben. Man muss vielleicht wieder eine Routine finden und die Ausgelassenheit, sich Kultur zu geben. Ein Mix aus so Vielem.

Torben: Ich sehe auch als weiteren Faktor die Pandemie selbst, die da mit rein spielt. Ich kenne so viele Leute, die heute gerne gekommen wären, aber die positiv getestet sind, oder das Kind ist in Quarantäne, oder oder oder. Oder es gibt Menschen, die bis zuletzt warten, um zu sehen, ob das Konzert überhaupt stattfindet. Und wartet man bis zum Schluß ist der Schritt nahe zu sagen, ach, jetzt geh ich auch nicht mehr. Wenn man sich im Vorfeld aber eine Karte kauft und die hängt am Kühlschrank ist dann die Wahrscheinlichkeit auch groß, dass man auf das Konzert geht. Das sind Prozesse, die sich erst wieder einspielen müssen. Wir müssen uns bewußt machen, dass das Thema uns noch eine Zeit lang beschäftigen wird, die Pandemie ist noch nicht vorbei. Viele haben auch Angst auf Vertanstaltungen zu gehen, wo man keine Maske mehr benötigt. Und das summiert sich dann. Es ist noch keine Garantie, das Konzerte ausverkauft sind, nur weil lange nichts war.


Gothic Empire: Letzte Frage, das Buffet duftet schon im Hintergrund, ihr habt bestimmt Hunger; wie seid ihr zur Musik gekommen? Ist es euch in die Wiege gelegt worden, durch musikalische Früherziehung? Wann wusstet ihr, dass ihr auf die große Bühne wollt, oder seid ihr zufällig in die Musikwelt gerutscht?

Felix: In der Jugend habe ich viel Musik gehört, war aber eher ein Konsument. Aktiv Musik mache ich erst seit dem ich 18 oder 19 war. Dann mit DJ-Slots und selber Keyboards ausprobieren und mit Hilfe vom PC habe ich eigene Stücke geschrieben und auf Kassette gebannt und an Freunde verteilt, wie zum Beispiel an Torben. Das war mein Einstieg in die Musikszene damals.

Gothic Empire: Gibt es die Tapes noch? Das wäre ja was für das Jubiläum.

Torben: Ich hab da noch ein oder zwei Kassetten im Fach. Bei mir war der Einstieg, dass ich mit fünf Jahren begonnen habe, Klavier zu spielen, habe Unterricht genommen. Ich war so ein Kind, welches sich immer ans Klavier gesetzt hat um schöne Töne zusammen zu suchen. Hatte wohl eine große Motivation durchblicken lassen, Klavier spielen zu wollen. Und in der Jugend habe ich festgestellt, dass ich Songs schreiben wollte, mich dadurch ausdrücken wollte. Erst semiprofessionell, das war dann die Zeit in der wir, Felix und ich, angefangen haben, Musik zu machen. Im Haus der Jugend in Reutlingen konnten wir zum ersten Mal in einen Proberaum, Musik aufnehmen. Auf Basis von Atari usw. sind dann die ersten Stücke enstanden, ohne das es Diorama hieß. Im Techno-Bereich, aber auch Elektro und Wave, so hat sich das dann rauskristallisiert.


Gothic Empire: Ich bedanke mich sehr für Eure Zeit, hat mir große Freude gemacht und viel Spaß später auf der Bühne.

Hier noch ein paar Eindrücke des Abends mit ZOODRAKE und Diorama in bildlicher Form: