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Interview mit Sven Friedrich – SOLAR FAKE – zum neuen Album Enjoy Dystopia

Heute durfte ich pünktlich zum Release des neuen Albums „Enjoy Dystopia“ ein kleines Interview „Corona-konform“ via Skype mit Sven Friedrich führen. Ein sehr entspannt wirkender Musiker, der sich so sehr wünscht, seine neuen Songs live zum Besten zu geben.

Gothic Empire: Hallo Sven, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, mir ein paar Fragen zu beantworten und Glückwunsch zum neuen Album, ich finde es einfach wieder großartig. Die Thematik über die Schlechtigkeit der Menschen zieht sich durch alle Deine Alben. Woher nimmst Du die Inspiration, erfährst Du so viel Schlechtes von der Außenwelt?

Sven: Natürlich, Das geht ja schon los wenn man über die Straßen läuft, so viele Menschen, die nur sich selbst wahrnehmen und nicht merken, dass sie nicht alleine auf der Welt sind. Entweder wird der Mensch immer schlimmer oder ich immer kritischer. Vielleicht achte ich auch mehr darauf was andere tun. Wenn man den Unfug sieht, der da draußen verbreitet wird und es gibt genug Menschen, die das noch glauben. Aber das bedeutet auch noch viel Potential für viele weitere Alben.


Gothic Empire: Wie gehst Du an ein neues Album heran, hast Du erst die Texte und baust dann die Melodie, die Musik drumherum, vielleicht sogar erst auf Deutsch und übersetzt den Text dann ins Englische? Und wie kam es zu „Es geht Dich nichts an“ ? Entstand zuerst der deutsche Text und der hat Dir dann so gut gefallen, dass Du ihn nicht mehr übersetzten wolltest?

Sven: Ich mache zuerst immer die Musik. Ich habe ein Melodiefragment im Kopf mit komplexen Arrangements, oft mit Gesangsmelodie und später kommt dann der Text und ich schreibe ihn auch gleich auf Englisch. Ich finde, es geht so viel verloren, wenn man erst noch übersetzten muss und das kann ich auch nicht. Bei dem deutschsprachigen Lied hatte ich den Song schon im Ohr und fand es dann schwachsinnig, den zu übersetzten. In Deutsch ist halt mal was absolut anderes, hatten wir noch nicht.


Gothic Empire: Hat ein Musiker, der selbst seine Songs schreibt, sehr viel unveröffentlichtes Material „im Keller“, an dem man sich bedient, wenn ein neues Album entsteht, oder erfindet man sich immer neu?

Sven: Ich merke relativ früh, wenn aus einem Song nichts wird. „Enjoy Dystopia“ besteht aus 10 Tracks, aber ich habe viel mehr grundlegende Ideen gehabt, aber letztendlich fährt man mit vielen in eine Sackgasse und findet diese dann nicht mehr so cool und die schaue ich mir dann auch nicht mehr an. Da schreibe ich lieber etwas Neues. Zum Glück habe ich noch so viele Ideen, dass ich nicht an den alten Kram gehen muss.


Gothic Empire: Gibt es ein Lied, welches Dir besonders nahe ist, bei dem Du gleich wusstest, es wird gut?

Sven: Eigentlich bei allen, die es letztendlich aufs Album geschafft haben. Ich bin da auch nicht geduldig genug. Wenn ich merke, das wird nichts, dann kommt der direkt weg. Wenn ich schon ein komisches Gefühl habe, will ich da auch keine Zeit verschwenden und widme mich lieber einer neuen Idee. Ein gutes Indiz ist es ja auch, wenn man merkt, dass man gut vorankommt bei einem Song. Dann wird es meistens gut.


Gothic Empire: Bei der Amazon-Albumbeschreibung sagst Du, dass Du bei jedem neuen Album immer ein Stück weiter über den Tellerrand hinausschaust. Was siehst Du neben dem Teller und wodurch verändert sich die Sicht auf die Dinge?

Sven: Ja ich glaube der Grundsound verändert sich immer ein bisschen, was so erstmal nicht auffällt, gerade wenn man das neue Album mit dem letzten vergleicht. Aber im Vergleich zu „Frontiers“ oder „Broken Grid“ klingt Enjoy Dystopia doch schon sehr anders. Ich glaube, ich versuche immer ein paar neue Elemente einzubauen. Jetzt bei diesem Album zum Beispiel mal einen deutschen Text zu machen, oder auch bei „Pretty Life“ klingt es nicht unbedingt wie ein typischer Solar Fake-Song, aber trotzdem ist es ein Song von uns. Ich muss immer gucken, wohin man sein Spektrum ausdehnen kann, damit es auch nicht eintönig wird. Ich finde es auf Dauer langweilig, wenn Bands jedes Jahr ein neues Album herausbringen, die aber dann doch immer gleich klingen. Das ist mein persönlicher Antrieb, neue Songs an meinen aktuellen Musikgeschmack anzupassen. Es ist ja wichtig Spaß daran zu haben und die Entwicklung weiterzutreiben. Ich habe meine Vorlieben Songs zu singen, bestimmte Sounds mit Drums und Synthesizer und Musik zu schreiben, aber trotzdem muss man nicht immer das Gleiche machen. Ich mag die Musik, die wir mit Solar Fake machen, sonst würde ich es ja anders machen. Zu versuchen, sich nicht selbst zu wiederholen, aber trotzdem seinen eigenen Stil nicht über Bord zu werfen, sich selbst nicht zu verraten.


Gothic Empire: Gibt es einen Lieblingssong auf dem neuen Album?

Sven: Hast Du Kinder? Worauf ich hinaus will, in jedem Song steckt viel Neues, deswegen würde ich es nie schaffen, einen Song hervorzuheben, gerade wenn man sie noch nicht live spielen konnte. Alle sind für mich gleich wichtig und gleich toll, da kann ich keinen hervorheben. Wenn ein Song das Level nicht halten kann, würde er sofort rausfliegen. Ein Kind sollte man ja auch nicht mehr lieben, als das andere, wenn man mehrere hat. Aber vielleicht ist der Vergleich nicht so passend (*lach*).


Gothic Empire:  Du warst ja jetzt auch öfters Gastsänger bei anderen Bands, zuletzt bei Scarlet Dorn. Kannst Du Dir vorstellen, einen Musiker einzuladen, um bei Euch mitzusingen?

Sven: Ja das hatte ich auch schon ganz oft vor. Aber es ist immer schwierig das mit einzuarbeiten. Da rennt die Zeit oft zu schnell bis alles fertig sein muss, und dann fällt uns ein, es hätte ja auch ein Gast dabei sein können. Vielleicht ist das mal was für eine Zwischenveröffentlichung, nicht für ein Album, sondern mal auf einer Single.


Gothic Empire: Schwebt Dir da auch schon jemand bestimmtes vor?

Sven:  Ja sogar sehr viele, aber das kann ich ja jetzt noch nicht verraten, das wäre blöd.


Gothic Empire: Es sind ja auch wieder ein paar Remixe dabei. Wie suchst Du Dir die Künstler aus? Sind es befreundete Bands, wie z.B. Massive Ego, mit denen man schon auf Tour war oder die man besonders mag? Oder bekommt man Anfragen?

Sven: Natürlich kenne ich die Künstler, die jetzt mit geremixed haben, auch persönlich relativ gut. Wenn man sich so trifft, damals als es noch Konzerte gab, da kommt man ins Gespräch, dass ein neues Album ansteht und ob der ein oder andere nicht mitmachen will. Und dann bekommt man auch einen Remix. So wie jetzt zum Beispiel bei OstFront, oder wo ich unbedingt einen Remix haben wollte wie bei IRIS oder Blutengel, das fand ich sehr spannend. Das gleicht sich dann immer aus – machst du was für mich, mach ich was für dich.


Gothic Empire: Wir finden auch einen Backliner-Remix von Eurer Crew Anja und Alex, wie kamst Du auf diese Idee? Der Mix ist großartig, wie kam es dazu?

Sven: Auf jeden Fall ist er großartig. Auf Tour hat Alex ein paar Techno-Mixe laufen lassen und die fand ich immer cool und dachte mir, es sei sehr spannend zu gucken was da rauskommt, wenn sie einen Solar Fake Song so abmischen. Das Ergebnis ist auch richtig cool. Auch wenn ich es normalerweise immer besser finde, wenn man einen Remix auch als solchen Song noch erkennt, aber in diesem Fall ist das richtig gut gelungen. Auf diesem Album finde ich aber auch alle ziemlich groß.


Gothic Empire: Es wird ja auch die Masked-CD dabei sein. Machst Du die Akkustik-Versionen, weil sie Dir auch besonders am Herzen liegen, oder weil Du weißt, dass wir sie sehr mögen?

Sven:  Beides. Ich weiß, dass es natürlich sehr gut ankommt, und es macht mir auch sehr viel Spaß. Mit Dirk Riegner die Piano-Arrangements zu schreiben. Es macht riesigen Spaß daran zu arbeiten und auch live zu spielen. Angefangen hat das ja damals bei „Another Manic Episode“, wo es hieß, wir brauchen für die Fan-Box noch eine CD und da kam ich dann auf die Idee eine Piano-Version zu machen. So fing das alles an. Das hat sich alles extrem toll entwickelt und inzwischen ist es auch eine Institution geworden. Und da freu ich mich immer drauf, was Dirk auch immer aus den Songs machen kann.


Gothic Empire:  Hast Du auch bei den Piano-Versionen mitgewirkt?

Sven: Wir haben diesmal alles aufgeteilt. Jeans hat die Drums eingespielt, Andre´ den Bass und Norman von Zeraphine die Gitarre, Dirk das Piano und die orchestrale Range, ich hab dann auch noch ein bisschen was dazu beigetragen. Wir haben nicht gleichzeitig zusammen gesessen, aber trotzdem hat jeder was dazu beigetragen. Das hatten wir in dieser Form auch noch nie.


Gothic Empire: Wie suchst Du die Cover-Songs aus, auch nach persönlichen Lieblingssongs? Gibt es Lieder, an die man sich nicht heran wagt, weil das Original schon ziemlich gut ist?

Sven: Man muss die Songs natürlich mögen. Ich muss das Gefühl haben, dass die Lieder als Solar Fake-Songs gut klingen könnten. Mein Ansatz ist ja, dass ich sie so klingen lassen möchte, als wenn es ein Song von uns ist. Und wenn ich mir das vorstellen kann… Es ist oft schwierig auf die Ideen zu kommen. Und es hängt davon ab, ob man die Genehmigung bekommt, einen Song zu covern. Um diese zu bekommen, muss man schon richtig ordentlich aufnehmen und mischen und das nimmt viel Zeit in Anspruch. Manchmal bekommt man auch keine Rückmeldung und das ist immer schade, wenn man wochenlang an einem Cover sitzt und dann war es für die Katz. Aber das ist dann halt das Risiko.


Gothic Empire: In der Special-Box sind mehrere Gimmicks dabei. Wessen Ideen sind das, wer entscheidet was in so eine Box darf?

Sven: Ich habe oft Ideen, was in eine Box könnte und Out of Line hat dann die Erfahrung, was gerade beliebt ist und was auch von der Größe her in eine Box passt. Der Preis muss auch stimmen. Die fingerlosen Handschuhe damals waren tatsächlich meine Idee.


Gothic Empire: Das waren schon alle meine Fragen für den Augenblick, ich danke Dir Sven für Deine Zeit und die ausführlichen Antworten. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Bleib gesund und wir hoffen, dass es da draußen irgendwann wieder losgeht.

Sven: Ja vielen Dank, bleib Du auch gesund und hoffentlich bis bald.

Solar Fake (c) 2020 Dominique Schmitt