Konzertbericht: Das Ich und Wisborg – Berlin 2018

Shopping am Black Friday ist definitiv die falsche Entscheidung. An einem Black Friday sollte man in einen Club gehen und düstere Musik hören. Ich bin mir sicher, dass keiner der Anwesenden im Nuke Club seine Entscheidung bereut hat. Bis 23 Uhr gab es tolle Livemusik und anschließend bis in die frühen Morgenstunden auf 3 Floors Musik vom Plattenteller bei der Das Ich und Mono Inc. Aftershowparty.

Wisborg

Die Band Wisborg wurde 2017 gegründet. Sie schrieben im gleichen Jahr Songs für das Debutalbum ‚The Tragedy of Seconds Gone‘, welches im Frühjahr 2018 veröffentlicht wurde. Da das Album überraschender Weise schon vor Veröffentlichung Platz 3 der deutschen Alternativcharts erreichte, bescherte das der Band einen sehr kurzfristigen Auftritt beim Wave Gotik Treffen in Leipzig. Außerdem wurden sie vom Orkus Musikmagazin im Juni 2018 zum Newcomer des Monats gekürt. Im Oktober war die Band zu Gast beim Autumn Moon Festival in Hameln – den tollen Auftritt dort krönte ein Duett mit Kiara Kazumi von der Band Grausame Töchter.

Das Ich suchten sich als Support eine Band aus dem Bereich Goth-Rock und Post-Punk aus. Das fachkundige Berliner Publikum schien genau zu wissen, dass es sich dabei um eine aufstrebende Newcomer Band handelt. Etwas überraschend für Berliner Verhältnisse war der Club auch schon zu früher Stunde sehr gut gefüllt. Das Konzert begann mit dem schnellen Song ‚Seconds Gone‘ – so kam gleich zu Beginn gute Stimmung auf. Zum Song ‚Becoming Caligari‘ veröffentlichten Konstantin und Nikolas Ende 2017 einen Videoclip. Auch die langsameren Songs der Band kamen beim Publikum sehr gut an – rotes und blaues Licht, sowie viel Nebel sorgten für die perfekte visuelle Untermalung. Bis auf den Song ‚Awaking Spring‘ spielten Wisborg das komplette Debutalbum. Dieses Konzert hat definitiv Lust auf mehr gemacht und viele im Publikum werden mit Sicherheit den Weg der Band weiterverfolgen.

Anfang Dezember spielen Wisborg auf den Danse Macabre Festivals in Essen, Hannover und Hamburg. Anfang Januar 2019 kehren sie in die Hauptstadt zurück und spielen live im Schokoladen in Berlin-Mitte.

Setlist

  • Seconds Gone
  • In the haze of a drunken hour
  • Becoming Caligari
  • The Sick Rose
  • Desire
  • Temptation & Hesitation
  • Winter Falls
  • Venus In Chains

Das Ich

Die Band Das Ich wurde 1989 von Bruno Kramm (Musik & Backgroundgesang) und Stefan Ackermann (Texte & Gesang) in Bayreuth gegründet und zählte Anfang der 90er Jahre zu den bedeutendsten Vertretern der ‚Neuen Deutschen Todeskunst‘. 1991 erschien das Debutalbum ‚Die Propheten‘. Einige der darauf enthaltenen Songs wurden bereits auf der 1990 erschienen EP (als Musikkassette) veröffentlicht. Der Song ‚Destillat‘ ist das bekannteste Lied von Das Ich und beendet normalerweise, so wie auch heute in Berlin, die Liveauftritte. Zu diesem Song wurde auch zum ersten Mal ein Videoclip produziert. Nachdem Sänger Stefan 2011 schwer erkrankte gab die Band nach Stefans Genesung am 17.05.2013 ihr Comeback beim Wave Gotik Treffen in Leipzig.

Etwa um 22:20 Uhr betraten Das Ich die Bühne im Berliner Nuke Club. Der Club war nun komplett voll und alle waren bereit für die Rückkehr von Das Ich. Zehn Jahre hatten sie nicht mehr in der Hauptstadt gespielt. Bruno sagte, dass sich seitdem nichts verändert hat, die Stimmung ist genauso gut wie damals. Als Verstärkung hatten sich die beiden inzwischen älteren Herren ‚Krankenpfleger‘ Sven am zweiten Keyboard mitgebracht. Er integrierte sich live super in die Band und sorgte zusammen mit Bruno für ordentlich Dynamik und Bewegung auf der Bühne – ihre Keyboards war auf Rollen – und so umrahmten sie auf wunderbare Art Sänger Stefan. Man merkte den Musikern die fast 30 jährige Erfahrung an – es ist ihnen super leicht gefallen, das Berliner Publikum zu animieren und ein Teil der Show werden zu lassen – immer wieder gingen die Musiker ganz nah an den Rand der Bühne und nahmen Tuchfühlung mit den Fans auf. Auch Proben müssen sie nicht mehr. Stefan sagte vor einem der neuen Songs, dass sie diesen vor etwa zwei Wochen geschrieben haben, jetzt zum dritten Mal live spielen, ohne vorher zu üben.

Dann leistete sich Bruno einen netten Versprecher, für den er von den Berlinern viel Beifall bekam – er nannte den Club ‚K17‘ – so, wie er früher einmal hieß. Diese Verwirrung kam daher, weil das WLAN Netzwerk im Backstage Bereich noch unter dem Namen ‚K17‘ läuft. Und ja, die Berliner haben ihr ‚Kasi‘ geliebt und konnten sich anfangs nur schwer mit dem neuen Namen anfreunden – man hätte den Club ja wenigstens ‚Nuke 17‘ nennen können. Aber nun wieder zurück zum grandiosen Auftritt der Ausnahmeband Das Ich. Eingerahmt wurden die Songs von den größten Hits der Band – zu Beginn ‚Die Propheten‘ und ‚Kain und Abel‘ und am Ende kamen ‚Gott ist tot‘ und ‚Destillat‘. Bei vielen der Songs sang das Publikum mit und tanzte fast die kompletten 100 Minuten durch. Beim Song ‚Gott ist tot‘ schallte es dann aus hunderten Kehlen laut durch den Club. Neben den ganz alten Songs boten Das Ich auch Titel vom Album ‚Antichrist‘ aus dem Jahr 2004 und den Song ‚Kannibale‘ von 2008.

Nach dieser tollen Show haben viele der Fans mit Sicherheit Lust bekommen, die Band bald wieder live zu sehen. In diesem Jahr gibt es die Chance dazu unter anderem noch in Spanien und Schweden, nächstes Jahr werden sie beim Amphi Festival in Köln auftreten, dann wird mit Sicherheit das neue Album mit im Gepäck sein.

Setlist

  • Die Propheten
  • Kain und Abel
  • Kannibale
  • Engel
  • Lazarus
  • Der Schrei
  • Das dunkle Land
  • Schwarzes Gift
  • Garten Eden
  • Uterus
  • Sodom und Gomorrha
  • Was bin ich ?
  • Reanimat
  • Keimzeit
  • Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke
  • Kindgott
  • Gott ist tot
  • Destillat