Corona-Chronicles: Interview mit Timo Fischer von der Band Absurd Minds

Gothic Empire: Vielen Dank Timo, dass Du an unseren Corona Chronicles mitwirkst. Was ist bei Dir so los, wie geht es Dir?

Timo: Hallo Dominique, erstmal vielen Dank für die Einladung. Mir geht es soweit gut, keine besonderen Vorkommnisse. Und von Covid 19 bin ich bisher auch verschont geblieben.


Gothic Empire: Du lebst in Dresden, eine tolle Stadt. Wie hast Du die letzten Wochen verbracht, wie sehr hat Corona Dich eingeschränkt?

Timo: Ich bin mittlerweile in einem Alter, in dem man nicht mehr so umtriebig ist und seine Zeit auf Parties, in Kneipen oder ähnlichen Freizeiteinrichtungen verbringt. Von daher fühlte ich mich jetzt nicht besonders eingeschränkt. Auch muss ich nicht jeden Tag dem Konsum fröhnen. Ich bin da eher genügsam. Offene Geschäfte habe ich also auch nicht vermisst. Lediglich im Bezug auf meine berufliche Tätigkeit gab es Veränderungen. Ich arbeite in einem staatlichen Kulturbetrieb und wir haben, wie fast alle, den Spielbetrieb Mitte März eingestellt. Ich habe also sehr viel Zeit zu Hause verbracht. Das war ungewohnt.


Gothic Empire: Wie kommst Du mit der Situation klar, auftrittsfreie Zeit, kannst Du Dinge tun, die sonst auf der Strecke bleiben? Aktenberge wegsortieren, Fenster putzen?

Timo: Zu aller erst vielleicht: Unsere musikalische Tätigkeit muss uns nicht ernähren. Wir sind also existentiell nicht davon abhängig, im Gegensatz zu vielen anderen, für die die Situation gerade eine Katastrophe darstellt, wie du weiter unten ja selbst erwähnst. Es ist schade, dass dieses Jahr nun voraussichtlich keine Auftritte mehr stattfinden. Wir hatten ja auch im April unser Release, das wir gern in Form von Auftritten promotet hätten. Der Zeitpunkt war schlecht gewählt. Ich habe tatsächlich bei mir mal angefangen, Papiere auszusortieren, Dinge wegzuschmeissen und ich habe nach fast 3 Jahren mal meinen Keller aufgeräumt. Halleluja, da kann man jetzt auch treten.


Gothic Empire: Jeden Tag gibt es in den Medien neue Nachrichten und Theorien, jetzt werden wieder Lockerungen angekündigt. Belastet Dich das alles sehr, oder muss man alles hinnehmen wie es kommt und Du bist gechillt?

Timo: Am Anfang dieser Pandemie, sicherlich auch im Zusammenhang mit den raschen politischen Entscheidungen, die einem den Ernst der Lage klar machten, war da schon so etwas wie Angst. Da spuken im Kopf die einen oder anderen Weltuntergangsbilder herum. Auch natürlich, weil niemand wusste und bis jetzt auch nicht weiß, was uns als Gesellschaft und als Menschheit erwartet. Die letzten Erfahrungen stammen aus einer Zeit vor 100 Jahren. Und die Auswirkungen der “Spanischen Grippe” waren verheerend. Mittlerweile sehe ich das eher gelassen. Die Apokalypse scheint noch ein wenig zu warten. Die kommt dann mit dem Zusammenbruch der Ökosysteme. Dann werden wir uns an Covid 19 erinnern und sagen, wie schön diese Zeit doch war.


Gothic Empire: Hat es Euch als Band auch getroffen, hattet Ihr ein paar Konzerte geplant außer Oberhausen?
Timo: Wie oben bereits erwähnt: Bei uns bricht durch die Situation nicht die Welt zusammen aber wir hatten uns natürlich auf unsere Konzerte gefreut, auch im Hinblick auf die Präsentation des neuen Albums. Wir starten einfach nächstes Jahr nochmal neu durch.


Gothic Empire: Das Etropolis dieses Jahr wurde wohl auch auf einen etwas zu optimistischen Termin verlegt. Findest Du, dass Großveranstaltungen dieses Jahr überhaupt noch stattfinden sollten? Vernunft gegen Geldbeutel ? Es ist ja für viele Branchen eine Katastrophe.

Timo: In unsere Welt, in der Gewinnmaximierung und Erhaltung des Wohlstands die Maxime sind, gehören Vernunft und Geldbeutel unweigerlich zusammen. Zumindest nach Aussage von Wirtschaftsvertretern und den Menschen, die schon frühzeitig auf die Strassen gingen, um für ihre Grundrechte zu protestieren. Hauptsächlich für ihr Grundrecht auf Konsum.
“Vernunft” scheint mir in diesem Zusammenhang nicht der richtige Entscheidungsmotor zu sein,da sie auch stark abhängig ist von der Perspektive, von Zielen, die man anstrebt. Und die sind doch sehr unterschiedlich geartet. Es stellt sich eher die Frage nach der Notwendigkeit für das Kollektiv und ob man als Veranstalter und als Besucher bereit ist, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, sprich das Risiko zu tragen, mit all seinen Folgen. Ist diese Form des kulturellen Lebens aus sich heraus systemrelevant oder nur als Wirtschaftsfaktor? Ich kann die Frage nicht wirklich beantworten, persönlich hätte ich in der jetzigen Situation starke Bedenken, träfe ich mich mit 1000 anderen auf engstem Raum.


Gothic Empire: Meine Lieblingsfrage an Euch Künstler: Was hamsterst Du, was darf bei Dir zu Hause niemals fehlen?

Timo: Ich hamstere nicht, aber Kaffee und Milch müssen immer im Haushalt vorhanden sein.


Gothic Empire: Wir hoffen, dass wir alle unbeschadet aus dieser Zeit hervorgehen, unsere Lieblingsclubs überleben und wir alle wieder zusammen feiern können. Was ist Dein Wunsch für die Zukunft?

Timo: Der Mensch soll endlich wieder erkennen, was er ist und welchen Platz er auf diesem Planeten ursprünglich hatte. Wir haben keinen Respekt mehr vor der Natur und auch zu wenig Angst. Das zeigt sich im Moment ganz deutlich.
Ich halte das für grundlegend, wenn uns noch eine Reihe weiterer Generationen folgen sollen. Ich bin aber skeptisch, ob das klappt.


Gothic Empire: Wie haltet Ihr als Band im Moment Kontakt, oder geht jeder seiner Wege im Moment?

Timo: Wir sind ein versprengter Haufen: Berlin, Dresden, Sauerland. Vis á vis geht da nix. Es lebe also das Internet.


Gothic Empire: Gibt es etwas, was Du schon immer mal laut sagen wolltest, es Dich aber nicht getraut hast? Hier wäre jetzt der passende Ort und die passende Zeit 😀

Timo: Entgegen der Aussage vieler leben wir nicht in einer Meinungsdiktatur. Wer das behauptet, weiss nicht, was das bedeutet. Von daher besteht für mich nicht die Notwendigkeit, dein Angebot zu nutzen. Danke dennoch.


Gothic Empire: Hast Du noch eine kleine Botschaft für unsere Leser?

Timo: “Möge die Macht der Musik mit euch allen sein”


Gothic Empire: Vielen Dank für Deine Zeit und Offenheit, bleib bitte gesund und munter!

Timo: Ich habe zu danken und auch Dir die besten Wünsche.

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