„Keine Helden“ – Versus Goliath über Scheitern, Haltung und Hoffnung in dunklen Zeiten
Mit ihrer neuen Single „Keine Helden“ schlagen Versus Goliath ein weiteres Kapitel auf – düster, direkt und kompromisslos. Die Crossover-Band aus München, bekannt für ihre kraftvolle Mischung aus Rap, Rock und Metal, gibt damit einen tiefen Einblick in das emotionale Zentrum ihres kommenden Albums „Wüstenland“ (VÖ: 12. September 2025). Im Interview sprechen sie über das Scheitern als Stärke, musikalische Grenzgänge, ihre Erfahrungen in der Gothic- und Alternative-Szene – und warum sie sich in einer Welt voller Polarisierung klar positionieren.
Eure neue Single „Keine Helden“ klingt wie ein kollektiver Befreiungsschlag. Was hat euch zu diesem Song bewegt – und warum ist Scheitern für euch kein Tabu, sondern ein Statement?
„Keine Helden“ war lange zu groß für uns. Der Song lag Jahre in der Schublade, geschrieben in einer Zeit, in der wir vielleicht selbst noch nicht wussten, was wir da genau sagen wollen. Jetzt wissen wir’s: Der Song gehört allen, die nie gefeiert werden. Die aufstehen, obwohl keiner klatscht. Scheitern ist kein Makel – es zeigt, dass du lebst. Und dass du nicht aufgibst. Genau darum geht es: Wir sind vielleicht keine Helden. Aber wir stehen wieder auf und gehen weiter.
Musikalisch bewegt ihr euch zwischen Rap, Metal und Rock – mit eurem eigenen Stuhl, wie ihr sagt. Welche künstlerische Freiheit entsteht daraus, und wo seht ihr euch in der heutigen Musiklandschaft verortet?
Wir passen in keine Schublade – also bauen wir uns unseren eigenen Platz.
Wenn ein Breakdown auf ein Piano trifft und ein Rap-Teil in einem Filmscore versinkt, dann fühlt sich das für uns richtig an. Wir denken nicht in Kategorien – wir denken in Emotion. Was ist das richtige Gefühl für diesen Moment? Daran möchten wir uns orientieren. In der heutigen Musiklandschaft stehen wir irgendwo dazwischen – und das ist genau der Ort, an dem wir etwas bewegen können. Auch wenn wir es uns damit oft selbst nicht leicht machen.
Wüstenland erscheint im September – der Titel wirkt fast apokalyptisch. Welche Welt zeichnet ihr auf diesem neuen Album, und wie spiegelt sich das im Sound und in den Texten wider?
Wüstenland ist kein Ort – es ist ein Zustand. Ein inneres Niemandsland, in dem alles ausgedörrt scheint: Emotionen, Orientierung, Nähe. Wir leben in einer Welt voller Reizüberflutung, aber innerlich sind viele Menschen leer. Das Album erzählt von denen, die trotzdem losgehen. Um etwas zu finden. Um sich zu fühlen. Der Sound ist groß, staubig, manchmal beklemmend – wie ein Film, der langsam ausbrennt. Aber mittendrin blitzt etwas auf: ein Blick, ein Licht. Hoffnung – leise, aber echt. Wir wagen uns auf diesem Album auch erstmals zu den ganz leisen und gefühlvollen Klängen und Worten. Das war auch spannend und neu für uns.
Euer Stil ist kompromisslos, euer Ton düster – aber oft liegt darunter ein humanistischer Kern. Welche Rolle spielt Hoffnung in eurer Musik, und wie schwer ist es, diesen Funken am Leben zu halten?
Hoffnung ist bei uns kein großes Feuerwerk. Sie ist eher dieses leise Glimmen am Rand der Dunkelheit. Wir schreiben über Zweifel, Schmerz, Kontrollverlust – aber genau darin liegt das Menschliche. Unsere Songs sind wie Spiegel: Du erkennst dich, auch wenn es wehtut. Und manchmal reicht das. Zu wissen: Ich bin nicht allein. Da draußen fühlt jemand wie ich. Ich denke in der Gemeinschaft fällt es viel leichter, diese Hoffnung am Leben zu erhalten.
Ihr habt mit Acts wie Eisbrecher und Lord of the Lost gearbeitet – wie haben diese Kooperationen euch geprägt, und gibt es weitere Künstler:innen, mit denen ihr gerne kollaborieren würdet?
Mit Eisbrecher haben wir ein Konzert gespielt und durften ihren Song F.A.K.K. remixen – das war eine besondere Erfahrung. Auch bei einem Remix für Wisborg war Chris Harms von Lord of the Lost als Feature dabei. Es gab zwar leider keine direkte Zusammenarbeit, aber seine Präsenz hat dem Track definitiv Gewicht verliehen.
Uns beeindrucken auf jeden Fall Künstler:innen, die konsequent ihren Weg gehen. Ohne sich anzupassen. Wenn wir an Features denken, dann spielt eher Haltung eine große Rolle und nicht die Reichweite. Nine Inch Nails, Rage Against the Machine – das sind Acts, die kompromisslos denken. Aus Deutschland wären FJØRT oder Chaosbay spannend. Generell arbeiten wir gern mit Menschen zusammen, die bereit sind, tiefer zu gehen – unter die Oberfläche. Da, wo es weh tut. Und da, wo es echt wird.
Euer Auftritt beim M’era Luna und die Arte-Aufzeichnung waren große Meilensteine. Wie erlebt ihr die Gothic- und Alternative-Szene als Künstler, die sich bewusst nicht in ein Genre pressen lassen?
Wir haben uns selten so gesehen und gleichzeitig so frei gefühlt wie in dieser Szene.
Die Gothic- und Alternative-Community ist wie ein Schutzraum für alle, die nicht glatt sind.
Es geht nicht nur um Musik oder Style – sondern darum, was dich innerlich bewegt. Auch wenn wir musikalisch Grenzen sprengen und sicherlich nicht allen gefallen, haben wir dort einen Platz gefunden. Dafür sind wir sehr dankbar!
Bei euren Shows geht es nicht nur um Musik, sondern auch um Haltung – wie wichtig ist euch der politische und soziale Aspekt, etwa beim „Gemeinsam gegen Rechts“-Festival?
Wir machen Musik für Menschen – nicht für Klicks.
Wenn Menschen ausgegrenzt, kleingemacht oder bedroht werden, dann kannst du nicht neutral sein. „Du bist nicht allein“ ist nicht nur unser Claim – es ist ein Versprechen. Wir stehen gegen Rechts, gegen Diskriminierung, gegen soziale Kälte. Auf der Bühne zu stehen, bedeutet für uns auch Haltung zu zeigen. Laut sein, wenn andere leise werden. Und erinnern, wenn andere vergessen wollen.
Bildrechte: Versus Goliath
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