Corona-Chronicles: Interview mit ASP

Gothic Empire: Hallo ASP, hoffentlich geht es dir gut und du bist gesund?!

Asp: Ein herzliches Hallo an dich und alle dort draußen. Ja, ich bin einigermaßen gesund, sieht man von einigen Erschöpfungs-Wehwehchen ab.


Gothic Empire: Die letzte Tour zum Album „Kosmonautilus“ ging ja im Februar zu Ende. Zum Glück seid ihr also nicht direkt von der Krise betroffen oder?

Asp: Ach, schön wär’s. Natürlich könnte alles noch viel schlimmer sein, denn hätte die Tour nicht stattfinden können, dann wäre die Lage noch viel verzweifelter, ganz klar. Aber die Festival-Absagen in diesem Jahr treffen uns besonders hart, tatsächlich auch finanziell. Und was mit der Tour im November ist, weiß auch noch kein Mensch. Das größte Problem ist die unplanbare Zukunft. Wie organisiert man Proben zu acht, wenn man andererseits Mindestabstand halten will? Was kann man mit der modernen Technik ersetzen, wo liegen die Grenzen der Teamarbeit, wen das Team sich nicht gut treffen kann? Und vieles mehr. Ich weiß nicht, wie andere Bands das hinkriegen, aber für unsere Pläne ist das alles desaströs. Ich werde am Ende dieser Krise unfassbar viel Zeit verbrannt haben, nur, um ständig umzuplanen, „auf Sicht zu fahren“. Ja, ich weiß, das geht vielen so. Aber so ist die Lage, und je mehr man 2020 geplant hatte, umso schwieriger wird es nun.


Gothic Empire: Wie kommst du aktuell persönlich mit der Situation klar, ergibt sich die Möglichkeit für neue Texte und Musik?

Asp: Ich persönlich komme noch einigermaßen gut klar, denn ich bin gewöhnt, lange Phasen in relativer Einsamkeit zuhause am Schreibtisch kreativ zu arbeiten. Solange ich zwischendurch raus in die Natur kann, um keinen Lagerkoller zu kriegen, komme ich klar. Natürlich vermisse ich die kleinen schönen Dinge des Lebens, mal in ein Restaurant zu gehen oder auf ein Getränk in meinen Lieblings-Pub. Aber das stellt für mich einen ertragbaren Verzicht dar. Ursprünglich dachte ich, ich könnte die Krisenzeit nutzen, um nun endlich einmal die vielen Bücher und Comics zu lesen, die ich seit Jahren sammle und die dann doch nur verstauben, oder so was Verrücktes zu tun, wie freie Sonntage zu haben oder mal bis 7:00 Uhr auszuschlafen. Daraus wird nichts. Ich sehe mich genötigt, auf diese Krise auf die einzige Art zu reagieren, die mir gegeben ist: Durch gnadenlose Produktivität. Wir gehen in diesen Tagen mit einem neuen Live-Album in den Vorverkauf. Das war uns besonders in dieser Zeit wichtig, in der keine Konzerte möglich sind. Augen zu und im Geiste zurück zum Konzert. Das ist nun heilsam, fühlt sich gut an. Ich nutze die Zeit, um einige längst überfällige Projekte zu vollenden. Zum Beispiel soll in diesem Jahr noch das erste richtige Album meines Zweitprojektes „Herumor“ erscheinen. Das Songwriting ist abgeschlossen, nun muss man natürlich schauen, wie man die Aufnahmen hinkriegt, was durch Corona ja auch ein deutlich erschwertes Unterfangen ist. Und ich arbeite an einer neuen Version meines Textebuches, in dem sämtliche von mir verfassten Lyrics der letzten 30 (autsch) Jahre enthalten sein werden und unzählige hoffentlich spannende, witzige und informative Anekdoten zu ihnen. Am neuen ASP-Album arbeite ich ebenfalls. Und an einigen noch streng geheimen anderen Projekten. Ihr seht, ich bin mehr als ausgelastet. Ob das die richtige Entscheidung ist, so viel in neue Projekte zu investieren, in diesen unsicheren Zeiten, das kann ich nicht beantworten. Ich weiß nur, dass ich lieber produktiv bin, als den Kopf in den Sand zu stecken.


Gothic Empire: Viele Menschen, Politiker und vor allem die Wirtschaft pochen ja aktuell auf eine schnelle Lockerung. Klar, wir müssen alle unser Einkommen haben und wollen auch wieder reisen. Doch das nicht um jeden Preis! Hast du eine Idee, wie man momentan damit am besten sein Auskommen in der „Isolation“ findet? Gute Musik vielleicht?

Asp: Ach, da können alle noch so viel pochen und sich beschweren oder Forderungen stellen. Es ist meines Erachtens nicht die Zeit für impulsives und unkonstruktives Rumgeblöke, sondern für wohlüberlegtes Handeln. Ich, der ich unter dem Damokles-Schwert des Selbstständigen, mit der Existenzangst des Freiberuflers lebe, darf sagen: Jetzt nicht irre machen lassen! Und vor allem nicht den Alu-Hut aufsetzen und die Unzufriedenheit in blöden Verschwörungstheorien ausarten lassen oder in völlig unempathischen Kurzschluss-Handlungen.

Wie auch immer. Das „Auskommen“ ist so eine Sache. Gute Musik ist prinzipiell immer eine hervorragende Idee. Sie zu produzieren kann allerdings auch ein Risiko darstellen in der jetzigen Situation. Es ist ja kein Geheimnis, dass man vom Streaming nicht leben kann und vor allem kein Plus in der Produktionskasse erwirtschaften kann. Zumindest, wenn man eine Rockband ist, die gewaltige Studio- und Begleitkosten beim Produzieren hat. Mag sein, dass einige andere „Bands“, die ihre Songs rein am heimischen Computer herstellen können, diesbezüglich heute einen großen Vorteil haben. Das sei ihnen gegönnt. Ich will mich auch nicht drüber beklagen, ich will lediglich veranschaulichen, dass es gerade in dieser Krisenzeit eine wohlüberlegte Sache sein muss, ob man eine so große Investition tätigen sollte und wenn ja, wie.


Gothic Empire: Viele Künstler haben ja damit begonnen, kleine Konzerte oder Auftritte zuhause im Netz zu streamen. Wäre das auch etwas für dich?

Asp: Nein, das wäre nichts für mich. Ich wohne auch gar nicht mit den Musikern zusammen, die mich beim Singen begleiten könnten und diese allgemein verbreiteten Zusammenschnitte von verschiedenen Musikern, die alle zuhause am Computer performen, hängen mir – entschuldigt bitte! – schon jetzt zum Halse heraus. Ich habe meine eigene Art, das Live-Feeling nach Hause zu bringen, mit einem neuen Live-Album. Das mag nicht nach jedermanns Geschmack sein, da die visuelle Komponente fehlt, aber dafür klingt sie gut. Und sind wir ehrlich: Ein richtiges Live-Feeling kann man zuhause ohnehin auf keinem Wege ersetzen. Allerdings trete ich über mein Journal in dieser Zeit sehr viel stärker in Kontakt mit den ASP-Fans, gehe sehr offen mit dem Thema „Krise“ um und lasse sie an meinen Gedanken teilhaben. Und ich denke, am Ende ist es auch wichtig, statt blindem Aktionismus und Instant-Satisfaction, längerfristig zu denken, die Zähne zusammenzubeißen und den Fans etwas zu geben, woran sie dauerhaft Freude haben können. Aber offen gesagt, was weiß ich schon? Wenn ich eins gelernt habe, ist es dies: Was für ASP Gültigkeit besitzt, muss für andere Bands noch lange nicht der richtige Weg sein. Und umgekehrt! Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Ich wünsche allen viel Glück und Erfolg dabei!


Gothic Empire: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen! Wir hoffen du bleibst gesund und wir dürfen dich bald wieder – wenn es die Situation zulässt – auf einer der Konzertbühnen live erleben!

Asp: Sehr gerne. Ich hoffe – wenn ich beten würde, würde ich es nun tun! – dass wenigstens unsere „Dunkelromantischen Winternächte“ wie geplant stattfinden könnte. Das wäre ein Trost nach diesem unschönen Jahr. Ein kleiner Appell zum Schluss, wenn es mir erlaubt ist?

Nicht nur im Namen von ASP, sondern auch im Namen aller Bands, die ihre Tourneen auf Ende des Jahres verschoben der geplant haben: Bitte bedenkt alle, dass nun nicht nur der Virus, die Landes- und Bundesregierung die Konzerte absagen können, sondern auch die Konzertbesucher selbst. Es ist verständlich, dass nun viele aufgrund der Unsicherheit sehr zurückhaltend sind, was den Ticket-Kauf angeht, aber wenn es so weitergeht (und ich bin im ständigen Kontakt mit Booking-Agenturen, Veranstaltern und anderen Bands), dann werden die Konzerte am Ende des Jahres so oder so alle verschoben werden müssen. Aus Mangel an verkauften Tickets.

Vielleicht doch noch eine Konzertkarte besorgen?
Danke und bitte bleibt gesund!

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